Kundenwert

02.08.2018

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Trau keiner Zahl, die du nicht selbst ermittelt hast: Das kleine ‚1×8‘ des Kundenwertes

Der Kundenwert (auch Customer Value) sagt aus, was der einzelne Kunde zu Umsatz und Gewinn einer Organisation beiträgt. Woran sollte man bei der Berechnung denken, damit man den Kundenwert als harte Währung nutzen kann?

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Das kleine ‚1×8‘ des Kundenwertes
    1. Die ersten drei Entscheidungen geben die Richtung vor: Welche Einheit ist gemeint, wie soll die Klassifizierung sein und was wollen Sie mit dem Kundenwert anfangen?
    2. Die Frage nach der Ganzheitlichkeit: Beziehen wir nur die Vergangenheit in die Bewertung mit ein oder auch die Zukunft?
    3. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Kundenwert zu errechnen: über Wertbeiträge, Scores und/oder qualitative Komponenten.
    4. Haben wir am Ende (nur) ein Ranking, einen Index oder (sogar) Wertgrößen? Wichtig ist, dass man damit rechnen kann.
    5. Welchen Weg gehen wir in speziellen Segmenten, zum Beispiel mit Neukunden oder Mehrvertragskunden?
    6. Der Kundenwert ändert sich im Lauf der Zeit. Wie aktualisieren wir?
    7. Möglichst einfach und nachvollziehbar sollte die Kundenwertberechnung sein.
    8. Wollen wir alle Kunden gleich behandeln oder wollen wir Unterschiede machen? Wenn die Entscheidung pro Kundenwertanalyse gefallen ist, braucht es Konsequenz.

Einleitung

Die Einbeziehung von immer mehr Kunden-Insights ermöglicht ein stetes Finetuning in der Ermittlung des Kundenwertes, der Brot- und Butter-Kennziffer des CRM. Gab es zum Beispiel früher nur die „Ist“-Betrachtung, so können heute mit Hilfe ausgefeilter Analytik auch Potenziale einbezogen werden. Der Aufwand lohnt sich. Denn hat man den Kundenwert richtig berechnet, lassen sich entsprechend treffsichere Vertriebs- sowie Kommunikationsmaßnahmen ableiten, ebenso wie Prozessverbesserungen. Und das bringt unterm Strich garantiert mehr Geschäftserfolg.

Was ist das Spannende am Kundenwert? Anders als im Controlling, welches das Unternehmen als Ganzes betrachtet, kann man hier Aussagen für jeden einzelnen Kunden treffen. Und das ist schließlich eine grundsätzliche Voraussetzung für eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Der Kundenwert, das heißt der Beitrag, den ein Kunde zu Umsatz und Gewinn des Unternehmens leistet, ist die wichtigste Kennziffer im CRM. Gleichzeitig ist der Kundenwert eine relativ einfach zu ermittelnde Kennziffer. Hier kann man mit wenig Aufwand schon viel erreichen.

Um die profitabelsten Geschäftsbeziehungen mit Hilfe des Kundenwerts zu identifizieren, werden einige Dimensionen miteinander verknüpft, etwa Umsatz und Kosten, Up- und Cross-Selling, Weiterempfehlungen, Inaktivität und Kündigung. Der Kundenwert findet vielfältig Verwendung für Reportings, Direktmarketing, Kundenbindung, Servicesteuerung oder Provisionierung. Und er klassifiziert die Kunden in Kategorien, zum Beispiel von A wie „lohnt sich“ bis D wie „Tschüss“. Im folgenden Beitrag lesen Sie, an welchen acht Stellschrauben bei der Ausrichtung, der Komposition und der Etablierung sich vielleicht auch bei Ihnen eine Feinjustierung in der Arbeit am Kundenwert lohnt.

Das kleine ‚1×8‘ des Kundenwertes

Der Kundenwert ist ein generisches Werkzeug. Seine Datenbasis unterfüttert Entscheidungen, die sich direkt auf die Kundenbeziehung auswirken, etwa eine verkürzte Warteschleife oder ein wenig stark subventioniertes Handy. An diesen beiden einfachen Beispielen erkennt man schon, was für ein mächtiges Werkzeug wir hier in der Hand haben. Dabei schwebt der Kundenwert nicht im luftleeren Raum, sondern lässt sich in die Unternehmensprozesse einbetten: Er ist als KPI etabliert, wird im CRM-System angezeigt und liegt der Unternehmenssteuerung, Marketing- und Vertriebsstrategien und -maßnahmen zugrunde.

Um den Kundenwert derart für den Ausbau der Kundenbeziehungen nutzen zu können, muss er auf den richtigen Informationen basieren. Viele Wege führen zum Kundenwert, in jedem Unternehmen sind es andere, abhängig davon, was genau man mit dem Kundenwert anfangen will, in welcher Branche man unterwegs ist und welche Kunden-Insights man einbeziehen kann. Am Ende kommt es darauf an, dass der Kundenwert eindeutig interpretierbar ist. Nur dann können Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, zum Beispiel für Kundenbindungsprogramme oder für die Werbung.

Wie schafft man die Grundlagen dafür, dass der Kundenwert richtig berechnet wird, damit er belastbare Aussagen zulässt? Wir haben acht erfolgskritische Punkte identifiziert. Wenn Sie diese berücksichtigen, kann eigentlich nichts schiefgehen.

1. Die ersten drei Entscheidungen geben die Richtung vor: Welche Einheit ist gemeint, wie soll die Klassifizierung sein und was wollen Sie mit den Kundenwert anfangen?
Welchen Wert wollen Sie ermitteln? Ist es der Kunde als Person, ein Vertrag (z.B. ein Konto oder ein Mobilfunkvertrag) oder ein Haushalt? Wollen Sie Maßnahmen von der kundenindividuellen Berechnung ableiten oder von der Segment-Betrachtung, für welche Sie Ihre Kunden je nach ermitteltem Kundenwert verschiedenen Segmenten, z.B. A-B-C-D, zuordnen? Und der dritte, umfassendste Punkt: Was haben Sie vor? Die Ansätze Ihrer Kundenwertanalysen werden unterschiedlich sein, je nachdem, was Sie mit den Ergebnissen vorhaben.

Zum Beispiel: Wenn Sie ein Bestandsmonitoring implementieren wollen, müssen Sie zunächst einen Überblick über den Kundenbestand gewinnen. Für das Monitoring sind Potenziale, d.h. die zukünftige Entwicklungsmöglichkeit je Kunde wichtig, außerdem kommt es auf die richtige Segmentzuordnung an, und Segmentwanderungen müssen beobachtet werden.

Was zu tun ist und welche Themen im Fokus sind, hängt also davon ab, was Sie vorhaben. Zum Beispiel ein Topkundenprogramm, Servicedifferenzierung oder aktive Kundenbindung? Ihre Entscheidung bestimmt die Herangehensweise an Ihre Kundenwert-Berechnungen.

2. Die Frage nach der Ganzheitlichkeit: Beziehen wir nur die Vergangenheit in die Bewertung mit ein oder auch die Zukunft?
Es gibt verschiedene Methoden der Kundenwertermittlung: nur monetär oder auch qualitativ, nur mit Blick auf die Vergangenheit (Bestandswert), oder auch die Zukunft einbeziehend. Der Ist-Zustand und das Potenzial sind zentrale Komponenten des Kundenwertes. Letzteres ist ein Bereich, in dem die moderne Analytik immer genauere Prognosen ermöglicht.

In der Praxis: Wenn Sie beispielsweise ein Kundenbindungsprogramm auflegen wollen, spielen neben dem Ertragswert die Potenziale der Kunden eine sehr große Rolle. So werden Sie bei profitablen Kunden mit einem hohen Potenzial die Bindung verstärken, in dem Sie den Service verbessern, in die Kundenzufriedenheit investieren sowie Cross– und Upselling-Maßnahmen realisieren. Kunden hingegen, die zwar profitabel sind, aber nur ein niedriges Potenzial aufweisen, kommen zwar in den Genuss des Kundenbindungsprogramms, aber zu höheren Kosten und bei mittlerem Service.

3. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Kundenwert zu errechnen: über Wertbeiträge, Scores und/oder qualitative Komponenten.
Wertbeiträge in Euro, Scores, für die mehrere Einzelkomponenten gewichtet zu einem Wert zusammengefasst werden, auch qualitative Komponenten wie Potenziale – sie alle können in der Berechnung Einfluss auf den Kundenwert nehmen. Damit die Kundenwerte für die Personen (oder Verträge oder Haushalte) vergleichbar sind, muss man sich entscheiden, wie man die Berechnung vornimmt und welchen Zeitraum man für die Berechnung heranzieht. (…)

4. Haben wir am Ende (nur) ein Ranking, einen Index oder (sogar) Wertgrößen? Wichtig ist, dass man damit rechnen kann.

Wie kommen wir da hin, dass wir klar definieren können: Dieser Kunde darf in die Lounge am Flughafen und jener nicht? Ein Ansatz zur Bestimmung eines Kundenwertes ist die Berechnung einer kundenindividuellen Wertgröße (Euro), eines Index (Punkte) oder Rankings.

Ein Beispiel für die indexbasierte Kundenwertberechnung ist die im Handel verbreitete RFM-Methode (Recency, Frequency, Monetary Value). Bei dieser eher simplen Methode wird nur die Vergangenheit betrachtet: Wann war der Kunde zuletzt da, wie oft hat er eingekauft und was hat er ausgegeben.

Man kann im Kundenwert aber auch mit berücksichtigen, wie sich die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden in Zukunft entwickeln wird. Das wäre zum Beispiel die CLV-Berechnung. CLV steht für Customer Lifetime Value. In die Berechnungsformel werden zum Beispiel einbezogen: die voraussichtliche Dauer der Kundenbeziehung, Kundendeckungsbeiträge in einzelnen Perioden des CLV, kundenspezifisch anfallende Kosten (Akquisition und Bindung), Cross-Selling und Weiterempfehlungsverhalten, die Bedeutung als Know-how-Geber (z.B. für die Produktentwicklung). Unterm Strich haben wir es dann mit einem Wert zu tun, der die ganze Geschäftsbeziehung zu einem Kunden zusammenfasst, vom ersten bis zum letzten Kontakt.

Bei einem Ranking sind Kundenwertsegmente das Ergebnis, die unterschiedlich bewertet sind und damit unterschiedlich behandelt werden. Ein Bank-Kunde etwa, der viele Leistungen der Bank abruft (Depot, Privatdarlehen etc.), einen hohen Wertbeitrag >x leistet und Transaktionen in einer Größenordnung >y veranlasst, hat natürlich einen anderen Kundenwert, d.h. er wird einem anderen Segment zugeordnet, als ein Bank-Kunde, der nur ein Girokonto mit geringen Umsätzen <z in Anspruch nimmt.

Unterschied zur reinen Klassifizierung von Kunden z.B. nach Umsatz: Der im CLV-Ansatz ermittelte Kundenwert trifft auch Aussagen über die zukünftige Profitabilität eines Kunden. Aufgemerkt: Es gibt keine Methode, die für alle Anwendungen ideal ist.

5. Welchen Weg gehen wir in speziellen Segmenten, zum Beispiel mit Neukunden oder Mehrvertragskunden?

Für die Zuordnung von Maßnahmen (Vergünstigungen, Direct Mail etc.) werden Kunden je nach Wert zu Gruppen oder Segmenten zusammengefasst. Es gibt aber auch Kunden, die man nicht mit den anderen über einen Kamm scheren kann: die Neukunden und die Mehrvertragskunden.

Der Kundenwert eines Neukunden kann erst nach dem Aufbau einer gewissen Historie (Onboarding) analog zum Bestandskundenwert berechnet werden. Während des Onboardings kann man Neukunden einem eigenen Kundenwertsegment zuweisen, sie über Business Rules einem der Bestandskundenwertsegmente zuweisen oder das Segment wird analytikbasiert angenommen, das heißt, wir fassen alle Informationen zusammen, die wir über den neuen Kunden haben, und bilden daraus einen angenommenen Kundenwert.

Mehrvertragskunden haben potenziell einen höheren Kundenwert, der Score wird anders berechnet. Die Information, dass ein Kunde mehr als ein Produkt besitzt, kann ebenfalls im Kundenwert als Faktor mit betrachtet werden. Von der Tatsache, dass ein Kunde mehrere Produkte nutzt, kann man auf Potenziale schließen. Das muss aber nicht sein.

6. Der Kundenwert ändert sich im Lauf der Zeit. Wie aktualisieren wir?

Aus Neukunden werden vielleicht B-Kunden, aus B-Kunden werden vielleicht VIPs – der Kunde ändert seinen Wert. Es empfiehlt sich, diese Veränderungen halbjährlich oder jährlich zu dokumentieren. Zu häufiges Aktualisierung ist aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll (Ressourcenbindung, ständiges Wechseln zwischen Segmenten, wenn Kunden im Grenzbereich liegen, die Erfolgsmessung von Maßnahmen wird beeinträchtigt, u.a.m.).

Trotzdem führt kein Weg daran vorbei, den Kundenwert regelmäßig zu überprüfen, um ihn als Kennzahl relevant zu halten und Einflüsse des Marktes gegebenenfalls mit zu integrieren. Bei aller Dynamik, die ein Kundenwertmodell in sich trägt: Die Aktualisierungszyklen werden genauso festgelegt, wie die Ausbaustufen. Segmentwechsel sind möglich und gewollt, aber nicht sprunghaft hin und her, sondern nachhaltig.

7. Möglichst einfach und nachvollziehbar sollte die Kundenwertberechnung sein.

Die Maßnahmen, die man von einem Kundenwert ableitet, haben großen Einfluss darauf, wie man ihn berechnet. Man muss sich außerdem als Unternehmen von Vornherein im Klaren darüber sein, ob die Grundlagen der Kundenwertberechnung für die Kommunikation eine Rolle spielen.

Zum Beispiel: Eine der häufigsten vertrieblichen Anwendungen von Kundenwertanalysen ist die Auflage eines VIP-Programms. Wenn Sie ein VIP sind, dann wollen Sie natürlich wissen, warum. Wenn Sie es nicht sind, wollen Sie wissen, wie Sie einer werden, zum Beispiel, indem Sie alle Flüge bei dieser Airline buchen oder Ihrem Friseur die Treue halten. Das heißt, die Kriterien, die den VIP-Status bedingen, sollten einfach, nachvollziehbar und damit kommunizierbar sein. Dies ist eine wichtige Herausforderung an die Berechnung. Wenn Sie jetzt gefragt werden, ob Sie für Ihr VIP-Programm die RFM oder die CLV-Methode nutzen wollen, dann entscheiden Sie sich für RFM. Gar nicht so schwierig, nicht wahr?

8. Wollen wir alle Kunden gleich behandeln oder wollen wir Unterschiede machen? Wenn die Entscheidung pro Kundenwertanalyse gefallen ist, braucht es Konsequenz.

Über die Kundenwertbestimmung werden Sie herausfinden, in welche Kunden oder Kundensegmente es sich lohnt zu investieren und wo Sie sich eher zurückhalten sollten. Dies betrifft alle Prozesse im Kundenkontakt.

Was heißt das für die Praxis, Stichwort „Geschäftsprozesse“?
Über die Kundenwert-Ermittlung haben Sie beispielsweise diejenigen Kunden identifiziert, bei denen sich eine Stärkung der Kundenbindung lohnt. Wenn diese Gruppe z.B. als Segment steht, dann geht es daran, die Prozesse anzupassen: Im Service sind die Pfade zu definieren, wie der Kunde bedient wird, vielleicht werden Werbemittel produziert und ausgespielt, der Service muss bei der Ruf-Weiterleitung hinterlegt werden, das Call-Center erhält neue Briefings etc..

Wenn die operativen Einheiten, der Kundenservice oder der Vertrieb, keine Unterschiede machen, sondern alle Kunden gleich behandeln, dann brauchen wir keinen Kundenwert zu berechnen. Wenn wir jedoch Unterschiede machen, ob zum Beispiel ein Kunde, der sich beschwert, etwas geschenkt bekommen soll, dann sollte Zuwendung nicht willkürlich passieren, sondern gezielt erfolgen. Und das ganz konsequent. Der Kundenwert ist in der Folge eine der wichtigsten Kennziffern im CRM.

Der Kundenwert als Grundlage für Entscheidungen – das ist ein Perspektivwechsel, der sich lohnt.

 

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