Geschäftsoptimierung: Dynamic Pricing
08.02.2018
Geschäftsoptimierung mit Echtzeit-Dynamik von Preisen
Dynamic Pricing beschreibt die in Real-Time erfolgenden Preisanpassungen unter Einbeziehung des Wettbewerbsverhaltens, der Analyse des Kundenverhaltens und der Preissensibilität. Die Berechnung der jeweils neuen Preise erfolgt automatisch durch Algorithmen und auf Basis vorher festgelegter Kriterien. Wo Dynamic Pricing aktuell schon Anwendung findet und wohin es sich entwickelt, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Inhalte
Teil 1: Dynamic Pricing und seine Wirkung auf den Kunden
- Dynamic Pricing und Yield Management
- Kein Dynamic Pricing ohne CRM
- Beispiel: Dynamic Pricing bei Sportveranstaltungen
- Die Wirkung auf den Kunden
Teil 2: GroĂźe Chancen fĂĽr Unternehmen
- Hoher Nutzen – unter Beachtung gewisser Regeln
- Die Transparenz ist entscheidend
Teil 3: Dynamic Pricing im Handel
- Dynamic Pricing am POS
- Individuelle Lösung für den Kunden vor Ort
Fazit
Teil 1: Dynamic Pricing und seine Wirkung auf den Kunden
Die optimale Preisstrategie
Der Faktor Preis bildet zusammen mit den Variablen Product, Place und Promotion den klassischen Marketing Mix – die sogenannten 4P’s. Das Instrument der Preispolitik beschäftigt sich dabei mit der Definition einer „optimalen Preisstrategie“, die sich entsprechend am jeweiligen Angebot, der Nachfrage und dem Wettbewerb, orientiert. Sie wird gegenwärtig mehr denn je durch das veränderte Kauf-, bzw. Konsumverhalten, welches sich zunehmend ins Internet verlagert, beeinflusst.
Die gängige Frage „Welchen Nutzen hat mein Produkt für den potenziellen Kunden und was wäre er bereit dafür zu zahlen?“ kann heutzutage umfangreicher denn je berechnet bzw. vorhergesagt werden – durch die Verarbeitung und Analyse von Kundendaten, online sowie offline. Dies ermöglicht in der Preispolitik eine zunehmende Individualisierung. So zeigt beispielsweise eine Studie der Arbeiterkammer Wien, dass Preise in der Elektronikbranche, je nach Wochentag, mehrfach täglich variieren. Das wird besonders im E-Commerce deutlich: hier gewinnt das Thema Dynamic Pricing zunehmend an Einfluss.
Dynamic Pricing und Yield Management
Unter Dynamic Pricing versteht man das flexible Anpassen von Preisen für Produkte und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum, wobei ein Unternehmen dabei auf Einflüsse der entsprechenden Marktsituation (Wettbewerb, Angebot und Nachfrage) reagiert. Dahinter steckt das Ziel, so viele Kunden wie möglich mit unterschiedlicher Zahlungsbereitschaft zu erreichen und zugleich die Kapazitäten des Unternehmens auszuschöpfen, um einen höheren Umsatz zu generieren.
Die Preisanpassungen im Dynamic Pricing sind dabei nicht mit dem Yield Management gleichzusetzen, sondern als ein Instrument dessen anzusehen. Im Yield Management – vor allem bekannt bei E-Commerce, Tankstellen, Hotels und Airlines – ist jedes Produkt zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich viel wert. Die Logik dahinter: jedes nicht verkaufte Produkt bzw. jede nicht verkaufte Dienstleistung (bspw. Hotelzimmer und Flugzeug-Sitzplatz) ist im Nachhinein unwiederbringlich verloren. Daher ist es das Ziel, innerhalb eines kurzfristigen Zeitraums den größtmöglichen Umsatz zu generieren und nicht zwingend die 100%ige Auslastung bspw. eines Hotels oder Flugzeugs zu erreichen.
Im Dynamic Pricing spielen vielmehr andere Aspekte eine Rolle. Es werden zunächst sämtliche relevante externe Daten, wie z.B. Wettbewerbspreise, Angebot und Nachfrage sowie interne Daten, wie z.B. Warenbestand und -verkauf, automatisiert in einer Datenbank gesammelt. Die Preisberechnung erfolgt in Echtzeit und mit Hilfe von Algorithmen, die anhand festgelegter Kriterien die jeweils neuen Preise bestimmen.
Kein Dynamic Pricing ohne CRM
Um das gesamte Potential der dynamischen Preisgestaltung auf allen Kanälen auszuschöpfen, ist die Kombination mit CRM-Systemen unerlässlich. Denn in diesen werden gesammelte Informationen zusammengeführt, so dass der Kunde einem bestimmten Segment zugeordnet werden kann. Durch diese Segmentierung können dem jeweiligen Kunden über Marketing-Kontaktmaßnahmen (E-Mail, Mobile, Social Network, Newsletter, Brief etc.) weitere – auf den Kunden preisoptimierte – Produkte angeboten werden, um dadurch höhere Umsätze zu erzielen. Hierzu können auch die (Online-) Kaufhistorie und weitere Merkmale einbezogen werden. Ebenso können die vom Kunden bekannten Kaufzyklen in Verbindung mit der Anzahl der zu kaufenden Einheiten und ihres Volumens in die Preisdynamik einbezogen werden. Aber auch Metadaten, wie die Tageszeit, die Änderung der Wetterdaten oder das Stattfinden besonderer Sport- und Kulturevents, können als preisbestimmende Faktoren eine Rolle spielen.
Beispiel: Dynamic Pricing bei Sportveranstaltungen
In den US- amerikanischen Sportligen für Basketball, Football und Eishockey, finden u.a. Preisanpassungen je nach Spieltag, Siegchancen des Gastgebers oder Attraktivität des Gästeteams statt. Für eine Variation der Preise kann aber auch ausschlaggebend sein, zu welcher Tageszeit bzw. zu welchem Wochentag (unter der Woche nach 18 Uhr und an Wochenenden werden mehr Kunden Zeit für die Produktsuche haben, als zu den übrigen Zeiten) und mit welchem Endgerät ein Produkt aufgerufen wird. Ein Aufruf über ein iPad suggeriert bspw. eine höhere Zahlungskraft als der Webseitenbesuch über ein Tablet eines günstigeren Herstellers.
Für Interessenten heißt das einerseits, dass sie unter Umständen höhere Preise angezeigt bekommen, sobald ein Angebot mehrfach mit demselben Endgerät aufgerufen und somit reges Interesse signalisiert wird. Andererseits heißt das, dass Kunden Dynamic Pricing für sich nutzen können, indem sie sich mit der Technologie auseinandersetzen, diese in gewissem Maße verstehen und ihr Kaufverhalten entsprechend anpassen.
Die Wirkung auf den Kunden
Das allgemeine Kaufverhalten beeinflusst die Marktpreise so sehr, dass auch Personen, die technisch weniger versiert sind, keine Nachteile erleiden. Doch es ist damit zu rechnen, dass dieser Effekt durch Dynamic Pricing an Bedeutung verliert und Preise verstärkt personalisiert werden. Damit ist es für Kunden besonders wichtig über möglichst viele Alternativen zu verfügen – bezogen sowohl auf das Produkt als auch auf den Kaufzeitpunkt. Für Reisen gilt: Je früher gebucht wird und je flexibler der Zeitraum ist, besonders außerhalb der Ferienzeiten, desto attraktiver kann der Reisepreis werden.
Auch hier ist es wichtig, mit verschiedenen Devices oder nach Löschen der Cookies die Angebote erneut aufzurufen, um für sich das attraktivste Angebot zu finden. Doch genau das weckt auch das Misstrauen der Kunden, da sie nicht wissen, ob und warum andere Kunden einen niedrigeren Preis zahlen oder weshalb der Preis eines Artikels oder einer Dienstleistung wenige Tage nach getätigtem Kauf nochmals sinkt. Daher ist es auf Verbraucherseite zu empfehlen, auf Preisvergleichsportalen die Preisentwicklung zu beobachten. Aber auch dort gilt es genau hinzuschauen, da diese, eventuell für den Kunden nicht direkt ersichtlich, von Herstellern und Webshops gesponsert werden, so dass es dann zu Preisverzerrungen kommt.
Generell kann man festhalten, dass Sonderangebote, bei denen bares Geld eingespart werden kann, bei jedem Kunden Gefallen finden. Man kann dies beispielsweise am saisonalen Abverkauf von Modewaren festmachen, wo viele Kunden auf der Suche nach dem nächsten Schnäppchen sind. Das Kaufverhalten hat sich längst diesem Zyklus angepasst. Übertragen auf den E-Commerce, wo die Preise täglich mehrfach variieren, ist es für den Kunden wichtig, den Markt zu beobachten und Preisvergleiche durchzuführen, um dadurch an attraktive Angebote zu kommen. Das Umzusetzen ist umso schwieriger, je kürzer der Beobachtungszeitraum und je höher der Kaufdruck ist.
GroĂźe Chancen fĂĽr Unternehmen
Hoher Nutzen – unter Beachtung gewisser Regeln
Die vorhergehenden Aspekte können u.a. Unternehmen der Flugindustrie, Hotellerie, Service, Konsumgüterbranche und Ausrichter von Kultur- und Sportevents in ihrer Preisstrategie für sich nutzen, um weitere Kundenkreise zu erschließen. Besteht eine hohe Nachfrage für ein bestimmtes Produkt, kann man durch das gezielte Setzen eines höheren Preises, die Aufmerksamkeit auf andere günstigere Produkte lenken, z.B. beim segmentorientierten Verkauf von PKW-Parkplätzen eines Events. Ein Unternehmen sichert sich den Umsatz durch den Verkauf exklusiver Parkplätze an zahlungskräftigere Kunden und bietet die weniger exklusiven Plätze vergünstigt an. Somit könnte man dem Dynamic Pricing auch eine soziale Komponente zuschreiben, indem beispielsweise auch finanzschwächere Familien nicht davon ausgeschlossen werden, die Anreise mit dem Auto anzutreten.
Unternehmen können auf diese Weise einen größeren, vielschichtigen Kundenkreis mit ihrem Angebot erreichen.
Bei solchen temporär und/oder physisch begrenzten Produkten bzw. Dienstleitungen erlaubt Dynamic Pricing nicht nur eine gezielte Umsatzsteigerung, sondern auch eine zusätzliche Optimierung der räumlichen Knappheit (z.B. Lagerbestand). Jedoch läuft ein Unternehmen Gefahr, das Kundenvertrauen zu verlieren, wenn es fälschliche Angaben zur Verfügbarkeit macht und den Kunden täuscht, nur um kurzfristig höhere Umsätze zu erzielen.
Eine Alternative ist es Preisanpassungen, in Form von Rabatten oder Gutscheinen, zu tätigen, wenn man Kunden dazu führt, Angebote über einen bestimmten Kanal wahrzunehmen. Diverse Mobilfunkverträge oder Fahrkarten für Bus- und Bahnreisen sind online meist attraktiver, als in der Filiale oder am Schalter. In Zukunft wird es für Unternehmen wichtiger ihre stationären Stores mit online abgestimmten Preisen rundum zu digitalisieren, um erfolgreiche Kundenbeziehung aufrechtzuerhalten.
Die Transparenz ist entscheidend
Es ist besonders wichtig, einige Aspekte in Sachen Transparenz zur Preisgestaltung zu beachten. Auf der einen Seite birgt Dynamic Pricing ein hohes Risiko für Unternehmen, die ihre Preispolitik nicht transparent genug gestalten. Erfährt ein Kunde, dass er, wie bei Amazon geschehen, für die gleiche DVD, einen höheren Preis angeboten bekommt als andere Kunden, fühlt er sich ungerecht behandelt. Auf der anderen Seite führt bei vollkommenem Wettbewerb eine zu hohe Preistransparenz zu ineffizienten Preisen, da sich die Anbieter am Wettbewerb orientieren, diese Preise unterbieten und das folglich zu Tiefpreisen führt, die nicht mehr rentabel sind.
Kleinere Unternehmen mit geringerer Marktmacht können diesen Preiskampf auf Dauer nicht bestehen. Besonders stark hat sich das in letzter Zeit im Markt für Fernbusreisen verdeutlicht. In diesem hart umkämpften Markt haben sich die Anbieter gegenseitig ständig mit ihren Kampfpreisen unterboten. Damit verschwanden diejenigen, die nicht mithalten konnten, vom Markt.
Für die Deutsche Bahn hatte das zur Folge, dass Kunden zur Fernbusreisen-Konkurrenz abwanderten. Als Reaktion darauf bot die Bahn spezielle Sonderpreise für Zugverbindungen auf Fernbus-Preisvergleichsseiten an, was wiederum bei loyalen Stammkunden zur Unzufriedenheit führte, da sie sich gewissermaßen getäuscht und für ihre Treue nicht richtig belohnt fühlten.
Einsatz von Dynamic Pricing im Handel
Dynamic Pricing am POS
Im Elektronikhandel zeigt sich wie schnell auf Preisänderungen der Konkurrenz reagiert wird. Sobald die Elektronik-Riesen Media Markt und Saturn in ihren Prospekten neue Angebote bewerben, zieht Amazon unmittelbar mit seinen Preisen nach und passt diese auch, bei sich erneut verändernder Wettbewerbssituation, in real-time an. Um hier mithalten zu können, müssen sich stationäre Geschäfte zunehmend mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen, so dass Tablets und Smartphones in Zukunft im stationären Einkauf nicht mehr nur zum Online-Preisvergleich aus der Hosentasche gezogen werden. Sie können durch den Einsatz neuer Kommunikationskanäle vielmehr Teil eines erweiterten Einkaufserlebnisses werden und den E-Commerce stärker mit dem stationären Geschäft verzahnen. In Zukunft sollen Kunden, die ein Ladengeschäft betreten, durch diesen gelotst werden.
Man spricht hier von “Indoor-Navigation”. Dabei werden im Laden Beacons platziert, die sich mit den Smartphones der Kunden vernetzen, sie mit Produktinformationen versorgen, zugeschnittene Empfehlungen aussprechen, um sie dann zum entsprechenden Standort des Produkts zu navigieren. Ein Kunde könnte beim Betreten eines Geschäfts die Information über ein Sonderangebot eines Fernsehers erhalten, über den er sich vorab online informiert hat. Kauft er diesen Fernseher, erhält er zusätzlich Rabattcoupons für eine Audioanlage des gleichen Herstellers.
Auf dieser Grundlage profitiert man davon, Kunden in einem Zuge zu identifizieren und dabei neue Daten zur Weiterverarbeitung und Analyse zu erheben – ein Kreislauf entsteht. So werden, abseits des Online-Shoppings, andere Verhaltensmuster erkennbar. Zum Beispiel ist es mit dieser Technologie möglich, herauszufinden, in welcher Geschäftsabteilung sich ein Kunde die meiste Zeit aufhält und mit welchem Produkt er sich dort ĂĽberwiegend beschäftigt. Dies kann dazu genutzt werden, dass bei der anschlieĂźenden Angebotserstellung adäquate Produkte im Mobile oder Web Online Shop hervorgehoben werden, fĂĽr die sich der Kunden am meisten interessiert hat.
Individuelle Lösung für den Kunden vor Ort
Vor Ort, im stationären Handel, können Neukunden mit Rabatten gelockt und Stammkunden mit besonderen Angeboten belohnt werden. Das könnten z.B. auf den jeweiligen Kunden zugeschnittene Preise sein, die auch nur er sehen kann. Denn mancher Kunde wird schon zum Kauf angeregt, wenn bspw. für ein Produkt ein Rabatt von 10% gewährt wird, während andere erst bei einem höheren Preisnachlass einen Kauf tätigen. Bei sich konkurrierenden Produkten im selben Preisniveau hingegen, könnte sich folgendes Szenario entwickeln: Das Produkt, bei dem in der Datenbank eine höhere Kundenpräferenz identifiziert wird (Stichwort: Markenloyalität), das im Internet eine höhere Kundenbewertung erhält oder ein höheres Markenimage innehat, könnte dem jeweiligen Kunden zu einem höheren Preis angeboten werden. Es ist aufgrund dieser Faktoren davon auszugehen, dass die Preiselastizität geringer ist und der Preis allein die Kaufentscheidung nicht so sehr beeinflusst.
Alternativ, aber weniger individuell, können Preise, durch die zunehmende Verbreitung und kostengünstigere Entwicklung von elektronischen Preisschildern, am Regal umgehend und zentral gesteuert angepasst werden.
Fazit
Dynamic Pricing bietet die große Chance, aufgrund der unterschiedlichen Preissensibilitäten, höhere Margen zu erzielen und ebenso die Inventarplanung zu unterstützen.
Dabei sollen nicht nur die unternehmenseigenen räumlichen und zeitlichen Aspekte bei der Preisbildung berücksichtigt werden. Mit Informationen über das Surf- und Einkaufsverhalten der Nutzer bestehen Möglichkeiten weitere Einflussfaktoren mit einzubeziehen. Anhand der Seitenaufrufe, der Kunden- bzw. Kreditkartennummern lassen sich Gewohnheiten und Vorlieben eines jeden Nutzers feststellen, wodurch ein noch detaillierteres Bild des Kunden entsteht, mit dem genauer vorhergesagt werden kann, was sich der Kunde wünscht.
Eine Studie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) besagt, dass gegenwärtig vier von zehn Unternehmen des B2C-Onlinehandels Dynamic Pricing verwenden, um die Verkaufspreise ihrer Produkte zeitnah den sich ändernden Einflussfaktoren anzupassen. Die Zahl der Unternehmen, die ihre Preise mit Hilfe intelligenter Softwarelösungen dynamisch gestalten, auch aufgrund der steigenden Datenverfügbarkeit, wird in Zukunft zunehmen.
Wir von der Cintellic Consulting Group zeigen Ihnen die Schritte auf, die nötig sind, um aus den vorliegenden Daten nachvollziehen zu können, was sich ein Kunde zu welchem Zeitpunkt anschaut (On- und Offline), um in real-time maßgeschneiderte Angebote über den richtigen Kanal abgeben zu können und die Beziehung zu Ihren Kunden auszubauen.
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